Lieber Erdling,
jetzt bin ich in meinem letzten Brief doch glatt vom Thema abgeschweift. Ich wollte Dir ja eigentlich schreiben, wozu Permutationen noch gut sein können. Das mache ich noch. Versprochen! In diesem Brief will ich Dir aber erst kurz eine andere Geschichte erzählen. Die ist echt verblüffend! Warum? Na, lass sie mich kurz erzählen, dann wirst Du es selbst sehen.
Hin und wieder gibt es bei uns ein großes Fest. Eine der Attraktionen ist ein Gewinnspiel. Es ist der Traum eines jeden Pirk, einmal dafür als Kandidat ausgewählt zu werden. Denn den möglichen Gewinn kann der Kandidat vor Spielbeginn selbst bestimmen! Eine Nacht in Hilberts unendlichem Hotel. Einen Rundflug durch unsere Galaxis. Einen Kugelschreiber, der in einer der 11! Farbkombinationen des Sonnenuntergangs schreibt. Tja, such es Dir aus! Was wäre denn Dein Traumgewinn?
Nun gut, nachdem der Kandidat seinen Traumgewinn genannt hat, wird dieser Traumgewinn auf eine von 3 Karten geschrieben. Auf den anderen beiden Karten steht ganz groß „Träum weiter!“ Die Karten werden anschließend verdeckt aufgehängt:

Der Kandidat darf sich nun eine Karte aussuchen, sagen wir mal, er wählt die linke Karte.

Ganz klar, seine Chancen, damit genau auf die Karte mit seinem Traumgewinn zu tippen, sind 1:3. Das hast Du sicherlich auch schon herausgefunden, stimmt’s?! Jetzt wird es aber interessant! Nachdem der Kandidat seine Kartenwahl dem Spielleiter genannt hat, dreht der Spielleiter eine der beiden anderen Karten um, sagen wir die mittlere, und diese zeigt „Träum weiter!“

Achja, der Spielleiter weiß natürlich, unter welcher Karte sich der Traumgewinn versteckt. Er deckt den Traumgewinn also nie aus Versehen auf. Das darf er nämlich auch nicht. So sind die Spielregeln! Ich sag Dir, alle Pirks sind laut am Jubeln und drücken dem Kandidaten die Daumen, dass sein Traum Wirklichkeit wird. Der Traumgewinn steckt jetzt also entweder unter der linken oder der rechten Karte! Scheinbar eine Chance von 1:2 für den Kandidaten. Noch einmal darf sich der Kandidat jetzt entscheiden, ob er bei seiner Karte bleiben oder nicht doch lieber auf die andere Karte wechseln möchte. Die Spannung steigt! Was soll er tun???
Tja, lieber Erdling, und das ist jetzt das Verblüffende an dieser Geschichte. Du kannst sie gerne mal 10 Leuten erzählen und sie fragen, was der Kandidat tun sollte. Mindestens 9, wenn nicht gar alle 10 werden Dir sagen, dass es völlig egal ist, ob er seine Karte behält oder seine Wahl auf die andere Karte wechselt. Seine Chancen zu gewinnen sind wie beim Münzwurf 1:2. Das denkst Du auch, oder?! Aber das stimmt nicht! Grins.
Jaja, das glaubt Dir im ersten Moment keiner. Genauso wie Du mir jetzt nicht glaubst, stimmt’s?! Also erkläre ich es Dir. Es ist nämlich eigentlich ganz einfach. Wir müssen wie schon zuvor lediglich alle Möglichkeiten des Spielverlaufs zählen und herausfinden, bei wie vielen davon der Kandidat gewinnt, wenn er seine gewählte Karte wechselt (oder nicht wechselt).
Nehmen wir an, der Kandidat wählt die linke Karte. (Mit den beiden anderen Karten geht die Erklärung aber genauso!) Es gibt lediglich 3 mögliche Arten, wie die Karten anfangs (verdeckt) liegen können und jede dieser Möglichkeiten hat die gleiche Chance von 1:3, sich hinter den verdeckten Karten zu verbergen.



Im ersten Fall könnte der Spielleiter die mittlere oder die rechte Karte aufdecken. Aber egal, welche Karte er aufdeckt: Der Kandidat gewinnt, wenn er seine Karte behält und verliert, wenn er wechselt.
Im zweiten Fall kann der Spielleiter nur die rechte Karte aufdecken, weil er weiß, dass die mittlere Karte den Traumgewinn zeigt. (Und diesen Traumgewinn darf er laut Spielregeln nicht aufdecken!) Der Kandidat verliert also, wenn er seine Karte behält und gewinnt, wenn er wechselt!
Der dritte Fall ist ähnlich wie der zweite. Der Spielleiter kann nur die mittlere Karte aufdecken, weil er weiß, dass die rechte Karte den Traumgewinn zeigt. Der Kandidat verliert also auch in diesem Fall, wenn er seine Karte behält und gewinnt, wenn er wechselt!
Damit gewinnt der Kandidat nur in einer von drei Spielsituationen, wenn er seine Karte behält! Seine Gewinnchance bei Behalten der Karte beträgt also nur 1:3. Wechselt er dagegen, so steigen seine Gewinnchancen auf 2:3. Das ist doch verblüffend, oder?! Aber wahr! Und da sich dies hier auf Pirk längst rumgesprochen hat, wechseln die Kandidaten natürlich immer ihre Karte und können sich damit sehr oft, aber eben auch nicht immer, über ihren Traumgewinn freuen!
Ach, und falls Du mir immer noch nicht glaubst, dann spiele dieses Spiel doch einfach mal mit Deinen Freunden oder Deinen Eltern. Wie Du aber schon beim Münzwerfen gesehen hast, wirst Du das Spiel wahrscheinlich sehr oft spielen müssen, bis Du mir glauben wirst, dass die Chance auf den Gewinn beim Wechseln der Karte wirklich größer ist als beim Behalten der Karte.
Bis bald
Deine 3,7